DIE EISENINDUSTRIE IN VALLORBE UND UMGEBUNG
DIE HEROISCHE EPOCHE DER RENNÖFEN
Die Ausgrabungen von Prof. Paul-Louis Pelet und seiner Mitarbeiter in der Region um Bellaires, in der Umgebung von La Sarraz, beweisen, dass bereits 350 Jahre v. Chr. Schmiede das Eisenerz am Jurafuss verwerteten. Mit zusammengetragenen Steinen bauten sie etwa 1,50 m hohe Öfen, die sie inwendig mit Lehm auskleideten. Durch ein Luftloch an der Basis des Ofens führten sie einen handbetriebenen Blasbalg ein, um das Feuer anzuschüren. Diese Eisenverarbeitung dauerte bis ins 6. Jahrhundert, doch danach fehlen weitere Funde.
Einige Dokumente bezeugen, dass die Eisenindustrie ab dem 12. Jahrhundert im Jura wieder auflebt. Die ersten Fabriken, Vorgängerinnen der heutigen Industrien, stammen in Vallorbe aus dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts. Man verfügt über die Wasserkraft der Orbe um die Maschinen anzutreiben, über ausgedehnte Wälder zur Herstellung von Bauholz und Holzkohle, und über Eisenerz — insbesondere am Mont d'Orzeires, auf der Nordflanke der Dent de Vaulion. Zwischen 1280 und 1285 gründet Gaufridius, der Prior von Romainmôtier, die erste Eisenhütte der Talschaft in La Dernier. Hier wird das Eisenerz direkt zu schmiedbarem Eisen reduziert, wie seinerzeit in den ersten Öfen von Bellaires.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts ist Vallorbe bereits ein bedeutendes Zentrum der Eisenverarbeitung, mit drei Eisenhütten und mehreren Schmieden.
HOCHÖFEN UND EISENINDUSTRIE
Die Entwicklung des Hochofens, der die Produktion von Gusseisen in grossen Mengen erlaubt, gilt als technische Revolution und gibt der Eisenindustrie neue Impulse. In den Jahren um 1670 zählt Vallorbe drei Hochöfen, mehrere Frischöfen und etwa dreissig Schmieden. Damit Gusseisen, das bei etwa 1450 Grad gegossen wird, schmiedbar wird, muss es gefrischt werden.
Aber am Ende des 17. Jahrhunderts wird die Herstellung von Gusseisen in Vallorbe eingestellt. Die Erzminen im Tagbau sind erschöpft oder unrentabel, die Köhlerei hat die Wälder zerstört und die Konkurrenz aus der Vallée de Joux, aus Sainte-Croix und insbesondere aus der Franche-Comté ist zu gross. Die Eisenverarbeitung muss sich diversifizieren und spezialisieren. Diese Umwandlung meistern die Vallorber Schmiede mit Erfolg: sie kaufen ihren Rohstoff auswärts ein und werden Schlosser, Büchsenmacher, Nagel- und Hufschmiede.
Dieser Aufschwung hält bis um 1850 an und wird dann durch die Herstellung von Feilen, Werkzeugen und Ketten abgelöst. Die Usines Métallurgiques von Vallorbe, 1899 gegründet, spezialisiert sich in der Produktion von Präzisionsfeilen und Rundfeilen für Motorsägenketten und vertritt weltweit den ausgezeichneten Ruf der "Eisenstadt" Vallorbe.
Anderswo im Jura und mit einer entsprechenden Entwicklungsgeschichte führt die Eisenindustrie zur Herstellung von Musikdosen, von Präzisionsmaschinen und -Werkzeugen, von Rasierapparaten und zur Bearbeitung von Edelsteinen.
DIE GRANDES FORGES ODER FORGES DE LA VILLE
Das Eisenmuseum belegt in Vallorbe Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen und in denen seit 1495 Eisen bearbeitet wird.
Der damalige Prior von Romainmôtier, Michel de Savoie, hatte Pierre Vallotton, alias Develley, das Wasserrecht zum Einbau einer Hammerschmiede und eines Schleifsteins im Zentrum der Stadt, unterhalb der Brücke, erteilt.
1528 erlaubt ein neuer Lehnvertrag den Bau eines Hochofens. Bis 1685 bleibt die Familie Vallotton Eigentümerin des Unternehmens und ergänzt es mit einem Frischofen, einem Stahlwerk und mehreren Essen. Ihr folgen die Familien Favre, Truan und andere. Der Hochofen wird 1705 aufgegeben und danach abgebrochen.
Aus den Grandes Forges wird ein Konglomerat unabhängiger und relativ bescheidener Familienbetriebe. Anfangs des 20. Jahrhunderts werden im Fabrikkanal noch sechs Wasserräder betrieben.
Als letzte Eigentümerin verlässt die Familie Viotti ihre Werkstatt in den Forges de la Ville im Jahr 1967. Auf der andern Seite des Kanals wird die historische Schmiede Estoppey mit ihrem Wasserrad ebenfalls in den Museumsrundgang integriert.
DAS EISENMUSEUM
Zwei Grundgedanken haben sein Konzept geleitet: entdecken und vorführen. Entdecken des Ursprungs der Eisenindustrie, ihrer Entwicklung und ihrer heutigen Anwendungen. Vorführen der wichtigsten mechanischen Einrichtungen dank der sechs Wasserräder im Kanal, der wasserbetriebenen Maschinen und der Schmiede, dem Herzen des Museums wo immer noch gearbeitet wird.
Das Rauschen der Wasserräder, das Surren der Kraftübertragungen mit ihren Lederriemen, die Schläge der Hammerschmiede und der musikalische Klang von Amboss und Esse ergeben eine einzigartige Stimmung. Hier wird gearbeitet, alle Gegenstände haben einmal gelebt.
Die Arbeit in der Schmiede ist für viele geheimnisvoll und faszinierend. Feuer und Wärme der Grandes Forges erwecken sie zu neuem Leben.
DAS EISENBAHNMUSEUM
Auf halber Strecke zwischen Paris und Mailand gelegen, als Grenzbahnhof an der 820 km langen Achse, ist Vallorbe der ideale Standort um diese Eisenbahngeschichte zu überliefern.
Die wichtige Rolle der Eisenbahn für die Entwicklung der Ortschaft verdient eine öffentliche Anerkennung. Deshalb wurde bereits 1990 in den beiden oberen Stockwerken der Grandes Forges — das Gebäude gehört der Gemeinde — das Museum zum Thema "Vallorbe auf der Simplonlinie" eröffnet.
EINIGE WICHTIGE DATEN
- 1870 Eröffnung der Linie Lausanne – Vallorbe (Bahnviadukt von Le Day als Stahlkonstruktion)
- 1875 Eröffnung der Linie Vallorbe – Pontarlier
- 1886 Eröffnung der Linie Vallorbe – Le Pont
- 1899 Verlängerung der Linie Le Pont – Le Brassus
- 1915 Eröffnung des Bahntunnels durch den Mont d'Or
- 1924 Umbau des Bahnviadukts von Le Day als Natursteinmauerwerk
- 1984 Ankunft des Hochgeschwindigkeitszugs TGV in Vallorbe